Burnout. Wenn Werte und Arbeit nicht zusammenpassen?
Shownotes
Spaziergang 10: Burnout. Wenn Werte und Arbeit nicht zusammenpassen?
Hallo und herzlich willkommen zu unserer mittlerweile zehnten Spaziergang hier zusammen im Westerwald. So ein bisschen vor dem Sturm ist es still, außer die Autos, die hört man etwas lauter heute. Es ist ein bisschen drückendes Wetter, kein bisschen Wind, fast kein Tier zu hören, wenn wir hier laufen. Aber schön, dass du dabei bist.
Heute gibt es zum ersten Mal etwas im Wissensteil über das Thema Stress und genauer über das Thema Burnout. Ich hatte in meiner Willkommensfolge ja schon gesagt, dass das so eines meiner Hauptthemen ist. Stress, Burnout, was es mit uns tut, aber vielleicht auch alle Ideen, alle Inspirationen rundherum, was man tun kann, beziehungsweise was man so auch alles erforscht hat, um das zu verhindern.
Und ich werde dir gleich von meinen eigenen Erlebnissen erzählen. Und du wirst hören von einem Buch, was mich sehr fasziniert. Das heißt Feel Good Productivity. Das ist natürlich auch wieder in den Shownotes. Und durch dieses Buch, gebe ich ganz ehrlich zu, habe ich überhaupt erst verstanden, warum meine eigenen zwei Burnouts entstanden sind.
Und das hat mir unglaublich geholfen, dieses Verständnis. Und ich erzähle dir mal ein bisschen darüber. Erstmal über meine Burnouts und dann, was die verursacht hat. Und vielleicht erkennst du dich ja darin wieder. Vielleicht auch nicht. Genau, also.
Ich glaube, das war ein Vogel. Hast du den gehört? Gut, aber ich wollte ja von meinen… von meinen Burnouts erzählen. Und zwar, der erste war im Jahr 2021 und der zweite war vor ziemlich exakt genau einem Jahr, jetzt heute. Damals 1. September, war der Tag, an dem ich meinen ersten Krankheitstag geschrieben habe.
Und wenn ich da zurückdenke, dann war das für mich unglaublich heftig. Also, ich will mich ganz bewusst nicht mit irgendjemandem vergleichen, der auch Burnout hatte. Denn jede Erfahrung ist anders. Bei mir war es so, dass das beim ersten Mal fast ein Dreiviertel Jahr gedauert hat. Und ich bin ja selber psychosomatische Physiotherapeutin.
Das heißt, ich wusste eigentlich schon, was da los war. Ich wusste, dass ich immer gestresster wurde. Ich merkte, dass ich immer aggressiver wurde. Dass ganz, ganz, ganz viele Dinge in meinem Leben nicht mehr funktionieren. Dass ich keine Zeit mehr habe, keine Geduld mehr habe für andere Menschen um mich herum.
Dass ich immer tauber wurde. Da ist ganz, ganz viel passiert, aber ich habe nicht verstanden, warum. Eigentlich mochte ich meinen Job. Ich wollte gerne Teamleiterin werden. Ich wollte für mein Team aufkommen. Ich bin für mein Team aufgekommen. Es war auch noch gerade Corona, das hat mit Sicherheit nicht geholfen.
Aber ich wollte für mein Team da sein und ich wollte vor allem dafür sorgen, dass es meinem Team gut geht. Wir hatten irrsinnig viele Projekte, unglaublich hohen Projektdruck. Und ich wollte, dass meine Mitarbeiter gut arbeiten können, ohne diesen extremen Druck spüren zu müssen. Ich wollte ein bisschen den Druck von ihnen abhalten.
Und gleichzeitig kam aber immer mehr Druck von oben auf unsere Abteilung. Und wenn ich mich immer mit dem Thema Burnout beschäftigt habe, dann ging das ganz viel darum, man hatte zu viel zu tun. Aber das war gar nicht unbedingt der Fall. Ja, mein Kalender war voll, aber das Pensum kannte ich schon von vorher. Und ja, super viele Pausen hatte ich nicht, aber definitiv genug. Also in meinem damaligen Verständnis definitiv genug. Und ich habe es nicht verstanden, warum es mir so schlecht ging und warum es mir immer schlechter ging, bis es dann gar nicht mehr ging. Es war damals echt heftig. Ich habe ein dickes Jahr gebraucht, bis ich wieder ein bisschen auf die Beine gekommen bin und dann ging es eigentlich zwei, drei Jahre, fast vier Jahre ganz gut.
Und dann plötzlich bin ich in ein neues Projekt gekommen. Und es ist exakt das gleiche wieder passiert. Nur innerhalb von zwei Wochen. Total heftig. Das waren, glaube ich, die krassesten zwei Wochen meines Lebens. Und ich habe es wieder nicht verstanden. Ich habe viel gearbeitet, aber nicht übermäßig viel. Ich hatte genug Pausen, ich hatte nette Kollegen. Aber es war halt ein Projekt, so wie ich es die drei Jahre dazwischen eben nicht hatte.
Und klipp, klapp, sofort hat es wieder eingesetzt. Ich habe mich wieder taub gefühlt. Ich habe mich wieder extremst gestresst gefühlt. Ich wusste nicht mehr, wo vorne und hinten ist. Ich wusste nicht mehr, wie ich mit meinen Kindern rede. Ich wusste nicht mehr, wie ich schlafe. Es ging gar nichts mehr. Also wirklich, es ging nichts mehr.
Ich konnte nichts mehr. Ich konnte nichts mehr essen. Ich konnte nicht mehr schlafen. Ich konnte gar nichts mehr. Ich konnte nicht mehr sprechen. Ich weiß nicht, wie ich damals überhaupt… Mein Mann hat mich damals zum Arzt gefahren. Ich glaube, ich bin selber die Treppe nicht mehr hochgekommen. Und das nach zwei Wochen.
Und nachdem ich das Buch gelesen habe, habe ich es zumindest zum ersten Mal verstanden. Und zwar erzählt der Autor in dem Buch, dass es drei Formen von Burnout gibt. Häufig treten sie gemischt auf und das gebe ich auch ehrlich zu. Ich hatte mit Sicherheit viel auf meinem Tellerchen. Ich habe auch mit Sicherheit ein bisschen zu wenig Pause gemacht.
Aber der Hauptfaktor bei mir war etwas anderes, nämlich das, was er Misalignment nennt oder auch Disharmonie. Und die sorgt dafür, dass das, was ich selber an Werten habe, das, was mir wichtig ist, und das, was von außen von mir gewollt wird, in diesem Fall von Chefs, von Teamleitungen, von was auch immer, nicht zu dem passt eben, was ich selber will, was mir wichtig ist.
Und umso größer diese Disharmonie wird, und es kam auch noch Corona dazu. Es war auch noch eine Zeit, wo Unternehmen viele Entscheidungen getroffen haben, ohne dass ich ihnen was vorhalten kann. Es war halt einfach eine krasse Zeit. Aber sie haben viele Entscheidungen getroffen, mit denen ich so nicht mitgehen konnte, die ich trotzdem als Teamleiter umsetzen musste.
Und das waren auch so die Momente, wo es mir echt immer am schlechtesten ging. Ich finde es so schön, jetzt das gelesen zu haben und deshalb möchte ich das mit dir teilen, einfach mal eine sehr persönliche Geschichte. Ich stehe da auch völlig zu, also ich habe auch kein Problem mehr, wer auch immer das hier hört, denn es geht mir wieder gut.
Und es geht mir gut, weil ich eben im letzten Jahr ganz konsequent genau… in die andere Richtung gelaufen bin, in Richtung Harmonie, in Richtung das Tun, was mit meinen eigenen Werten übereinstimmt. Unter anderem hier diesen Podcast zu machen, denn ich finde es wundervoll, Menschen zu inspirieren. Und auch dabei, dir deine eigene Autonomie zu lassen.
Wenn du Lust hast, dann mach was mit der Inspiration und wenn nicht, dann nicht. Ich beantworte meine Fragen, oder nicht? Ich versuche nicht, die Anleitungen zu geben. Ich glaube, dass Fragen mehr bringen als Anleitungen. Und das ist meine persönliche Harmonie. Ich gehe ganz bewusst zu Entscheidungen und in Richtungen, die zu meinen eigenen Werten passen.
Ich glaube, da hinter uns kommt eine Familie. Man hört sie schon wundervoll. Und wir gehen jetzt mal hier weiter den Berg runter, dann wird es wahrscheinlich nicht so laut. Genau, aber das ist mein Grund gewesen, der Hauptgrund für meine Burnouts war diese Disharmonie zwischen dem, was die Wirtschaft, die Firma, die Abteilung, der Chef, die Chefin, wer auch immer von mir verlangt hat oder ich gedacht habe, dass sie von mir verlangen.
Das ist ja nochmal eine ganz andere Geschichte. Also die Erwartungen, die ich gespürt habe. Und dem, was ich eigentlich wollte. Ja, für mich bedeutet das jetzt ganz bewusst, Entscheidungen zu treffen für mein Leben. Und auch einige Dinge, die viele Leute eben denken, die klüger wären, nicht zu machen.
Ja, vielleicht inspiriert dich das ein bisschen. Untersucht wurde das auch. Das schreibt… der Autor in dem positiven Produktivitätsbuch, wie gesagt, du findest das in den Shownotes und da findest du auch diese Studien. Da wird nämlich untersucht, wann man am… am besten zum Beispiel einen sehr, sehr langen Wanderweg laufen kann.
Das ist der in Amerika, den sie da untersucht haben, die Leute. Aber stell dir das wie den Jakobsweg vor. Das heißt, du gehst den Jakobsweg und irgendwann, selbst wenn du noch so intrinsisch motiviert bist, lässt die Motivation nach. Wenn du da Wochen und Monate lang unterwegs bist, irgendwann wird es schwierig. Und dann… greift man doch zurück auf eine extrinsische, eine externe, eine von außen kommende Motivation. Will ich jemandem gefallen oder erwartet jemand von mir, dass ich diesen Weg laufe? Oder gibt es da Werte, die von außen kommen, die aber zu meinen eigenen passen? Und da hat man herausgefunden, dass dann, wenn du nach den Werten von außen handelst, die auch zu deinen inneren Werten passen, dass du dann weiterlaufen kannst, dass du dann mehr Kraft hast und auch schwierige Phasen überwinden kannst, wenn interne und externe Motivationen zusammenpassen.
Und das finde ich schön, das scheint in dem Bereich nicht allzu viel an Untersuchungen zu geben, zumindest habe ich nicht allzu viel mehr gefunden, aber in dem Buch wird diese eine beschrieben und die passt unglaublich eben zu dem, was ich erlebt habe. Die externe Motivation, die mir auferlegt wurde, die ich erfahren habe, dass sie mir auferlegt wurde, die hat einfach nicht zu meiner internen Motivation gepasst.
Und das hat unglaublich viel Disharmonie gegeben, unglaublich viel Reibung, unglaublich viele Reibungsverluste. Und diese Reibungsverluste, die haben mich ausgebrannt. Zusammen mit viel Arbeit und weniger Pausen als ich gebraucht hätte. Aber der Hauptgrund war diese Reibung, diese Reibung zwischen dem Außen und dem Innen.
Ja, das ist soweit zu unserem kleinen Info- und Wissensteil heute. Ich hoffe, du hast immer noch Bock, weiter zuzuhören, denn jetzt kommt meine Frage an dich und wir laufen den Berg wieder ein bisschen hoch. Genau, also gestern habe ich dich ja gefragt, was wäre dir wichtig, was würdest du gerne machen in deinem Leben, wenn du noch 365 Tage zu leben hast?
Was würdest du vielleicht auch nicht tun? Und heute kriegst du die Aufgabe noch etwas konkreter. Nämlich was würdest du tun, wenn du noch genau einen Tag zu leben hast? 24 Stunden. Wie würdest du die füllen? Was würdest du machen? Was wäre dir wichtig? Mit wem willst du sie verbringen? Und ja, was ist so die Essenz, die du an diesem Tag mitnehmen willst, wenn du nur noch einen einzigen Tag hättest, den du füllen kannst?
Das ist die Frage für heute. Und falls du nochmal ein bisschen über dieses Konzept des Memento Mori hören möchtest, auf das diese Fragen basieren und gestern und heute, dann kannst du dir gerne unseren kleinen Philosophie-Spaziergang vom Sonntag noch mal anhören. Und jetzt müssen wir uns sputen, da hinten, das sieht total cool aus, da fällt so der Regen vom Himmel. Ich bin hier auf so einer kleinen Bergkuppe und ich kann hier über die Landschaft schauen und vielleicht siehst du es auch gerade, da hinten so wie aus den Wolken Schlieren fallen, das ist der Regen.
Und weil ich weiß, hier im Westerwald, wie schnell der rüberzieht, mache ich mich jetzt ganz schnell auf den Weg nach Hause. Ich hoffe, du bist morgen wieder dabei. Ich freue mich auf dich, auf unseren nächsten kleinen gemeinsamen Spaziergang. Und ja, je nachdem, wo du wohnst, mach dich auch schnell nach Hause. Bis bald. Ciao.
Kleiner Nachtrag. Wir müssen jetzt wirklich rennen. Ich werde jetzt richtig nass hier. Ich hoffe du nicht, mach es gut.
Literatur:
Ali Abdaal (2023). Feel-Good Productivity: Produktiv sein ohne Stress – und mehr vom Leben haben. Penguin Verlag.
Sheldon, K. M. (2020). Going the distance on the Pacific Crest Trail: The vital role of identified motivation. Motivation Science, 6(2), 177–181.
Disclaimer:
Dieser Podcast ist ein virtueller Spaziergang und dient ausschließlich der Information und Inspiration. Die Inhalte stellen keine Psychotherapie, kein Coaching und keine professionelle Beratung dar und ersetzen diese auch nicht.
Alle hier formulierten Aussagen sind wissenschaftlich recherchiert. Die entsprechenden Referenzen und Quellen findest du im Anhang der Show Notes zu dieser Folge.
Ich übernehme keine Verantwortung für die Richtigkeit der wissenschaftlichen Aussagen oder deren Anwendung. Die Inhalte dieses Podcasts sind nicht als Anleitung zu verstehen, etwas Bestimmtes zu tun, sondern dienen rein der Inspiration und Anregung zum Nachdenken.
Bei gesundheitlichen oder psychischen Problemen wende dich bitte an entsprechende Fachkräfte oder Beratungsstellen.
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