Entscheidungen. Kann Sumpf die Zusammenarbeit fördern?
Shownotes
Spaziergang 13: Entscheidungen. Kann Sumpf die Zusammenarbeit fördern?
Hallo und herzlich willkommen zu unserem 13. Spaziergang. Heute läufst du mit mir durch die Niederlande. Und zwar habe ich dich mitgenommen in ein historisches Dorf und es soll tatsächlich heute darum gehen, was wir aus der Geschichte der Niederlande oder ein paar bestimmten Aspekten als Inspiration mitnehmen können für die Situation, wenn wir in Gruppen Entscheidungen treffen müssen.
Und zwar Entscheidungen, die getroffen werden müssen, die sogar zeitkritisch sind, die extreme Konsequenzen haben. Und zumindest in dieser Teil der Geschichte geht es auch noch um das Thema Verteidigung. Und da ich ja selber sehr viele Jahre in der Wirtschaft gearbeitet habe, meistens in agilen Umfeldern als Product Owner und sehr viele agile Strukturen damit erlebt habe, in denen man ja doch versucht, gemeinschaftliche Entscheidungen zu treffen, auch wenn es im Projektkontext manchmal extreme Entscheidungen sein können und sie auch starke Folgen haben, egal ob man sich für die eine oder die andere Lösung entscheidet.
Und was ich ganz besonders spannend finde ist, ich habe ja auch in der Cyber Security gearbeitet und diese kleine Inspiration heute aus der niederländischen Geschichte erzählt uns auch etwas über Verteidigung. Ja, wo soll ich anfangen? Am besten da, wo es darum geht, warum denn die Niederlande so ein gutes Beispiel für egalitäre Entscheidungsstrukturen sind.
Das hat mit den Sümpfen zu tun. Und eigentlich hat die ganze Geschichte heute, die ich dir erzählen möchte, mit Sümpfen zu tun. Die Niederlande sind sehr flach. Irgendwann gab es da auch mal ein paar mehr Bäume, die wurden relativ schnell abgeholzt. Und das heißt, da war viel flaches Land, viel überflutet.
Und aus diesem Grunde auch wenig herrschaftliche Strukturen, sage ich mal. Die ganzen Herren auf ihren hohen Rössern, die Landbesitzer, die wir so klassischerweise aus Deutschland oder Frankreich kennen, die haben sich in den Niederlanden wenig verirrt. Man sagt, man konnte da nicht so gut auf dem Ross reiten.
Ich weiß nicht, ob es genau der Grund war, aber auf jeden Fall gab es hier wenig große Landbesitztümer. Das heißt, wir hatten eine Gesellschaft, die damals schon viel mit Handel zu tun hatte, schon im Mittelalter gab es ja sehr viel Handel entlang der Nordsee und wir hatten ganz viele kleine gehöfte Dörfer auf dem Land.
Eins hat sie alle geeint, nämlich das Wasser. Überall gab es Wasser und zwar normalerweise zu viel Wasser. Es gab hier sehr viele Flüsse, es gab das Meer, es gab sehr viele Sümpfe und man musste sie irgendwie trocken kriegen. Um sie trocken zu kriegen, hat man sich in sogenannten Warterschappen zusammengeschlossen.
Also, wie würde man das übersetzen? Wasserschaften. Und diese Wasserschaften, diese Warterschappen, waren sehr egalitär aufgebaut. Das heißt, jeder war wichtig. Und um voranzukommen mussten alle zusammenarbeiten. Im Grunde ein bisschen wie so in einem agilen Team heute. Alle verschiedenen Berufe, alle Stände waren wichtig.
Und man hat einen Weg gefunden… Man nennt das Poldern, ich finde das ein so tolles Wort, weil diese Sümpfe heißen in den Niederlanden, wenn man sie trocken legt, Polder. Und dieses Kommunikationsmodell, bei dem man versucht, dass alle zu ihrem Recht kommen und man gemeinschaftliche Entscheidungen trifft, heißt Poldern.
Ja, und durch diese Art des Polderns hat man sich auf gemeinschaftliche Entscheidungen spezialisiert, sage ich mal. Also man hat sich daran gewöhnt, dass man das tut. So, und jetzt kommt die Situation, dass plötzlich das französische Heer Richtung Niederlande zieht. Hm, das ist ein bisschen eine doofe Situation.
Die Niederlande sind flach und wenn man dann angegriffen wird, dann kommt man in die Situation, dass man eine Entscheidung treffen muss. So, jetzt sind wir eine relativ egalitäre gemeinschaftliche Gruppe und müssen eine Entscheidung treffen. Und tatsächlich hat man bei diesem ersten Angriff in den Niederlanden der Franzosen, das war schon in der frühen Neuzeit, eine Entscheidung getroffen und diese Entscheidung war, mehrere hundert Quadratkilometer der Niederlande unter Wasser zu setzen.
Auf einer Linie von über 100 Kilometern und einem Streifen von drei bis sechs Kilometer breit hat man die Deiche durchstochen, die Deiche des Meeres, die Deiche der Flüsse. Man hat Schleusen geöffnet und innerhalb von zwei bis drei Wochen sind also ein Teil der Niederlande 40 bis 60 Zentimeter unter Wasser gekommen.
Okay, was sagt uns das jetzt über das Entscheidungstreffen? Darum geht es ja. Wenn es eine Entscheidung zu treffen gibt und der Feind steht vor der Tür und man schafft es, gemeinschaftlich eine Lösung zu finden und sie auch gemeinschaftlich umzusetzen, denn dieses Unterwassersetzen hat bedeutet, dass alle einzelnen Warterschappen, es waren ganz viele von diesen Gemeinschaften, die es dort in dem Holland damals noch, es gab ja noch keine Niederlande, die es damals gab, alle zusammenarbeiten mussten.
Alle Warterschappen mussten einen Teil ihres Gebietes unter Wasser setzen. Und ihr könnt euch vielleicht vorstellen, du kannst dir vorstellen, dass das nicht einfach war. Das war Bauernland. Da standen Tiere, die mussten woanders hin, da wurden Wege blockiert und trotzdem hat man ganz, naja ich würde mal sagen, für die damaligen Verhältnisse und die Situation spontan diese Entscheidung dann doch treffen können.
Mit dem Resultat, dass man das französische Heer abgewehrt hat. Die haben anderthalb Jahre auf der Außenseite dieser holländischen Wasserlinie gecampt, sage ich mal, und sie sind nicht durchgekommen. Das heißt, die gemeinschaftliche Entscheidung, die extrem viel bedeutet hat, die extrem viel Unwohl gebracht hat, die hat aber dazu geführt, dass die Niederlande sich verteidigen konnten. Amsterdam wurde nicht eingenommen, es gab viele Gefechte mit den französischen Truppen, die nämlich teilweise schneller waren als das Wasser rein fließen konnte, aber der Teil war so klein, dass man sie besiegt hat und die Niederlande oder Holland damals Amsterdam verteidigt hat.
Später hat man das noch ein paar mal gemacht, diese Wasserlinie unter Wasser zu setzen und es gibt da auch, und das ist, finde ich, vielleicht die deutlichste Idee, die ich dir mitgeben will, in dem Moment, dass nämlich der Feind wusste, dass es da diese Wasserlinie gibt und die Niederländer sich unter sich nicht schnell genug einig werden konnten.
Man hat nicht in der Gemeinschaft geschafft, schnell genug eine Einigung zu finden. Hat man zwar sich dann irgendwann zu durchgerafft, die Deiche durchzustechen, aber da waren die Preußen schon hinter der Linie. Ja, es waren die Preußen tatsächlich. Es war ein großer Reinfall, also das Land stand unter Wasser und die Preußen waren schon drüber.
Heißt auch… Wenn Entscheidungen getroffen werden müssen und wir müssen sie gemeinschaftlich treffen, dann ist es extrem wichtig, dass wir sie auch schnell genug treffen und dass wir Wege finden, miteinander zu reden, um eben die Preußen vor Amsterdam zu verhindern. Übrigens einer der Gründe, warum es jetzt immer noch eine Monarchie in den Niederlanden gibt, denn trotz Aufstände haben die Preußen eben die niederländische Königsherrschaft wieder eingesetzt.
Ja, da gab es dann schon einen König, der war aber mehr im Vorstand. So, das heißt, Verteidigung, ja, und wenn schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen, dann muss man die auch manchmal treffen, auch wenn man eine Gemeinschaft zusammen ist. Ich hoffe, dass dich diese niederländische Geschichte rund um das Thema gemeinschaftliche Entscheidungen treffen in egalitären Gruppen und auch die Probleme, die auftreten, wenn man ein Land oder eine Firma oder was auch immer verteidigen möchte und eben sich nicht durchringen kann, Entscheidungen, die einen großen Einfluss auf das Land haben, hunderte Quadratkilometer unter Wasser setzen, eben nicht schnell genug trifft. Ich möchte dir daher mal die Frage stellen, und das ist die Frage zum heutigen Tag: Wann hast du mal in einem Team, in dem du bist oder warst, erlebt, dass ihr gemeinschaftlich eine schwierige Entscheidung getroffen habt und die auch umgesetzt habt? Also ihr habt zwar lange diskutiert, das ist in Projekten ja häufig so, wir sind ja in vielerlei Hinsicht in unseren modernen Projekten gar nicht so viel anders als die Niederlande in der späten Neuzeit.
Wir sind relativ egalitär und wir müssen… schwierige Entscheidungen treffen in Projekten. So, wann hast du also mal erlebt, dass du eine schwierige Entscheidung mit dem Team gemeinschaftlich getroffen habt und dir die umgesetzt hast? Also, ja, wie ging es dir dabei? Wie war der Prozess für dich? Wenn du Lust hast, reflektiere das mal und schau mal, ob du ein Stück der niederländischen Geschichte als deine Inspiration mitnehmen kannst.
Ich werde dir in den nächsten Wochen auch immer wieder Ideen mitbringen, dann nicht nur zur Inspiration, Geschichte ist ja immer nur Inspiration, aber auch Ideen, wie man eben in Gemeinschaften Lösungen finden kann. Also wie kann man in Meetings in einer Gemeinschaft besser oder einfacher Lösungen finden und wie kann man schwere Entscheidungen auch tatsächlich tragen.
Also hier mal ein kleiner geschichtlicher Ausblick auf Business-Themen und ich wünsche dir einen wunderschönen Tag, ein hoffentlich interessantes Nachdenken über die Frage und einen noch ganz tollen Ausflug hier in den Niederlanden. Morgen wieder zurück aus dem Westerwald.
Mach's gut!
Disclaimer:
Dieser Podcast ist ein virtueller Spaziergang und dient ausschließlich der Information und Inspiration. Die Inhalte stellen keine Psychotherapie, kein Coaching und keine professionelle Beratung dar und ersetzen diese auch nicht.
Alle hier formulierten Aussagen sind wissenschaftlich recherchiert. Die entsprechenden Referenzen und Quellen findest du im Anhang der Show Notes zu dieser Folge.
Ich übernehme keine Verantwortung für die Richtigkeit der wissenschaftlichen Aussagen oder deren Anwendung. Die Inhalte dieses Podcasts sind nicht als Anleitung zu verstehen, etwas Bestimmtes zu tun, sondern dienen rein der Inspiration und Anregung zum Nachdenken.
Bei gesundheitlichen oder psychischen Problemen wende dich bitte an entsprechende Fachkräfte oder Beratungsstellen.
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