Hören. Hört mich der Kollege im Meeting einfach nicht?

Shownotes

Spaziergang 19: Hören. Hört mich der Kollege im Meeting einfach nicht?

Hallo und herzlich willkommen bei unserem erneuten Spaziergang hier am Rheinufer. Insgesamt ist es schon unser neunzehnter gemeinsamer Spaziergang. Das ist schön, dass du wieder dabei bist. Heute ist es gar nicht so verkehrt, dass wir so viele Hintergrundgeräusche haben, denn ich möchte mit dir mit unserer Meeting-Thematik weitermachen.

Das Thema konstruktive Meetings, produktive Meetings, ja, ergebnisorientierte Meetings und warum das komischerweise in unserer Zeit häufig schief geht, beziehungsweise es eben keine konstruktiven, sondern unkonstruktive Meetings sind, obwohl wir Menschen doch eigentlich für die Teamarbeit und die gemeinsame Lösungsfindung geschaffen sind.

Davon habe ich dir schon diese Woche erzählt. Wenn du Lust hast, hör dir die Folge sonst noch mal an. Die heißt "300.000 Jahre" und da geht es darum, warum wir Menschen das eigentlich gut können müssten. Ja, heute möchte ich dir von einem Grund erzählen, der ganz simpel und pragmatisch ist und dazu führen kann, dass Meetings unkonstruktiv werden.

Aus dem einfachen Grund, dass rein biologisch jemand etwas nicht gut hören kann. Ich meine damit wirklich explizit das biologische, also das physiologische Hören und nicht das Zuhören wollen oder die nicht die Konzentration haben zuzuhören oder Sprachschwierigkeiten haben, Verständnisschwierigkeiten haben, das meine ich hier alles nicht.

Das können wir mal wann anders drüber reden, wie das zu unkonstruktiven Meetings führen kann. Es geht wirklich ganz explizit um das biologische Hören können. Denn wenn du einen Teil dessen, was jemand spricht, einfach nicht hörst und selbst wenn es nur einzelne kleine Töne sind, die du zwischendurch nicht hörst, dann sorgt das schon dafür, dass du wahrscheinlich ein deutlich schlechteres Verständnis von dem hast, was derjenige dort sagt.

Vielleicht musst du dir ein paar Sachen zusammenreimen oder du hörst das einfach gar nicht gut, weißt überhaupt nicht, was da gesprochen wird. Und dafür gibt es ein paar Gründe. Der eine ist relativ simpel, den kennst du wahrscheinlich auch selber: Wenn du erkältet bist, hörst du schlechter. Naja, das ist jetzt ein bisschen zu allgemein, aber wenn man erkältet ist, kann es sein, dass die verschiedenen Röhren oben im Nasen-Ohr-Bereich, die ja auch miteinander verbunden sind, etwas verstopft sind von Schleim oder zugeschwollen oder was auch immer und dadurch kann es sein, dass man weniger gut hört. Gleiches gilt für sowas wie eine Mittelohrentzündung oder ähnliches. Das heißt, solltest du erkältet sein, trotzdem arbeiten, dann kann es sein, dass du einfach weniger gut hören kannst. Genau, das ist der eine Grund, erst ganz simpel und den kennst du wahrscheinlich selber auch.

Der nächste ist ja etwas konfrontierend vielleicht für den einen oder anderen, der so meine Altersklasse ist. Ich bin ja 40, nein über 40 auch schon und ich war selber schon beim Akustiker und habe mich mal durchchecken lassen. Der Grund dafür erkläre ich dir später noch mehr. Wo ich Glück hatte war, dass ich noch alle Frequenzen gut hören kann. Also tatsächlich sowohl die tiefen als auch die hohen Frequenzen.

Wenn wir nämlich älter werden, und ab 40 kann das durchaus auch schon mal vorkommen. Das sind nicht nur die alten Omas, Opas, grauhaarig, über 70, über 80, über 90, die nicht mehr so gut hören, sondern auch in meinem Alter kann das durchaus vorkommen. Und was passiert dann? Normalerweise ist es nicht so, dass man plötzlich extrem viel weniger hört, sondern ganz langsam nimmt vor allem im oberen Tonbereich das Hörvermögen ab.

Und das ist tricky. Weil dadurch, dass es so langsam geht, fällt es uns häufig gar nicht so gut auf. Und dadurch, dass es vor allem die hohen Töne betrifft, bedeutet das, die Vögelchen vom Anfang, ja, jetzt piepst gerade keins. Am Anfang waren ein paar Vögelchen, ich weiß nicht, ob du sie gehört hast. Hier sind am Rhein immer mal wieder welche.

Und also dieses hohe Hören von Tönen, das nimmt besonders ab. Und wenn wir jetzt über Meetings, über Sprache sprechen, dann sind es meistens eher die jüngeren Frauen, die höhere Stimmen haben. Nicht immer, aber eben häufiger als Männer. Und wenn man dann aufgeregt ist und vor einer großen Menge steht und es vielleicht nicht gewöhnt ist, dann kann es sein, dass man noch etwas höher spricht und auch schneller spricht.

Und das kann dazu führen, dass gerade ältere Menschen, insbesondere Männer - tatsächlich nimmt das Hören der hohen Frequenzen bei Männern schneller ab, häufig schneller ab, als bei Frauen, im Durchschnitt nimmt es schneller ab - das heißt, gerade in dem Frequenzbereich, wo dann vielleicht die jungen Frauen ganz aufgeregt ihr Meeting halten, kann es sein, dass ältere Männer, vielleicht auch ältere Frauen, einfach diesen Frequenzbereich nicht so gut hören können.

Und ein Teil von dem, was die Frau sagt, oder ein Mann, wenn er eine hohe Stimme hat, eben nicht gut gehört wird, rein biologisch. Und das kann dazu führen, dass man sich entweder was zusammenreimt, was das denn da sein könnte, man versucht sich ja auch immer irgendwie zu helfen, wenn man was nicht gut hört.

Ich werde dir gleich erzählen, dass ich tatsächlich auch das Problem habe und es dadurch gut kenne. Oder man überlegt sich irgendwie, ja, gar nicht zuzuhören, weil man hört ja eh das meiste nicht und versteht es nicht oder was auch immer in den Menschen passiert. Aber ein Teil oder ein Großteil von dem nicht hören zu können, was da gesprochen wird, Teile von Wörtern nicht zu hören, das sorgt dafür, dass man wirklich einfach nicht gut verstehen kann, was derjenige erzählt.

Genau, das ist einer der Gründe, was biologisches Hören bedeutet, eben an Problemen machen kann, wie gesagt insbesondere in der Kombination hohe Stimmen zu Menschen, die im hohen Tonbereich schon nicht mehr so gut hören. Gut, dann hatten wir schon zwei nach der Erkältung und der damit einhergehenden Nasenverstopfung und dem hohen Frequenzbereich bei älteren Menschen.

Der dritte Grund ist das, was ich selber erfahre, nämlich in dem Moment, in dem ich viele Hintergrundgeräusche habe. Deshalb nehme ich dir das jetzt auch heute hier am Rhein auf, diese Folge. Ich bin ja sowieso hier, weil ich hier eine Fortbildung habe und laufe ganz gemütlich zu meinem Fortbildungssaal.

Und ja, auf dem Weg nehme ich dich hier mit am Rhein. Und diese ganzen Hintergrundgeräusche sind für mich ausgesprochen schwierig. Wenn ich zum Beispiel in der Nähe von rauschendem Wasser, ob das jetzt, ja der Rhein rauscht zum Glück nicht so, aber wenn das so ein Bach ist oder ich bin bei einem Wasserfall oder ähnliches, dann kann ich unglaublich schlecht hören, weil ich nicht gut differenzieren kann zwischen Außengeräuschen und dann der Stimme.

Das gleiche passiert mir übrigens in Großraumbüros. Das heißt, so gesellig ich Großraumbüros finde, und das tue ich wirklich, so wenig verstehe ich da. Wenn ich wirklich ein Gespräch mit jemandem führen will und ich bin im Großraumbüro, dann muss ich irgendwo in eine stille Ecke gehen. Besonders schwierig wird es für mich, wenn ich in einem Meeting sitze und um mich herum reden noch mehr Leute.

Entweder weil ich vorm Zoom sitze und jemand neben mir hat noch ein Zoom-Meeting oder derjenige, der mit mir zoomt, hat im Hintergrund Stimmen. Letztens habe ich mal mit jemandem aus dem Kundenservice geredet und das war super schwer für mich verständlich, weil da im Hintergrund mehr Kundenservice-Mitarbeiter anscheinend waren, die alle irgendwas geredet haben.

Und das ist für meinen Kopf anscheinend unglaublich schwer auseinanderzuhalten. Das heißt, sobald ich Hintergrundgeräusche habe, ob das jetzt Menschenstimmen sind - Menschenstimmen sind für mich am allerschwierigsten - oder eben auch natürliche Geräusche, die so, ja, einen starken Hintergrund erzeugen, dann höre ich einfach schlecht und kriege häufig die Hälfte oder mehr gar nicht an Tönen so rausgefiltert, dass ich die Wörter verstehen kann.

Und dann muss ich immer direkt auf die Leute zugehen und sagen, ich höre das nicht. Dann werde ich meistens etwas komisch angeguckt und dann erkläre ich das und dann ist es auch okay und dann finden wir eine Lösung, dass ich gut hören kann, denn ansonsten bringt ja das ganze Gespräch nichts und das habe ich so, das kann aber auch, also das ist jetzt nicht so krass ungewöhnliches, das heißt vielleicht merkst du das bei dir auch in mehr oder weniger Maße. Wenn du Glück hast, merkst du es gar nicht und kannst du extrem gut filtern.

Also das ist bei jedem unterschiedlich anscheinend veranlagt und genau das sind so die drei großen biologischen Gründe, dass man nicht gut hört und die eben dadurch konstruktive Meetings verhindern können oder schwieriger machen, denn wenn man einfach sich nicht versteht, selbst wenn man vielleicht will, ja, dann wird es schwer, konstruktiv zu sprechen.

Ach, da ist eine Möwe, die ist aber gar nicht ganz so hoch, die hören glaube ich auch Leute noch gut, die im oberen Bereich nicht so gut hören. Genau, was habe ich also gemacht? Als ich gemerkt habe, dass ich Schwierigkeiten habe, gerade zum Beispiel Großraumbüros gut zu hören, bin ich zum Akustiker gegangen.

Ich habe mich untersuchen lassen. Für meine Problematik gibt es leider nur die Lösung, tatsächlich den Leuten zu sagen, können wir irgendwo an einen ruhigeren Ort gehen. Für die Leute, die tatsächlich im Frequenzbereich ein Problem haben, da kann man natürlich dann mit dem Akustiker oder Hals-Nasen-Ohren-Arzt arbeiten.

Das ist wie immer kein Tipp, sondern Info. Wer immer möchte, kann damit tun, was er will. Genau, aber es hilft in Meetings, wenn jeder sich schon mal biologisch rein grundsätzlich hören kann. Ja, so viel dazu zu den Gründen, wieso aus rein praktisch, pragmatischen Sachen so ein Meeting unkonstruktiv werden kann.

Jetzt die Frage an dich. Da ist wieder die Möwe. Die Frage an dich. Wann hörst du gut und wann merkst du, dass du nicht gut hörst? Und ich meine jetzt wirklich dieses biologische Hören. Was hilft dir, um besser zu hören? Und was macht es schwieriger? Und vielleicht hörst du ja auch immer irrsinnig gut. Das ist natürlich schön. Und ist dir das überhaupt nicht bewusst, dass andere Menschen vielleicht nicht immer genauso gut hören.

Aber vielleicht merkst du bei dir selber auch, dass du in manchen Situationen weniger gut hören kannst und vielleicht inspiriert dich das ein bisschen, dann das anzusprechen oder was daran zu tun. Ich wünsche dir einen wunderschönen Tag hier noch. Ich gehe noch ein bisschen spazieren, bis ich bei meinem Seminarraum bin.

Ich hatte ein wunderbares Seminar gestern schon und freue mich heute auf meinen Tag. Morgen und übermorgen gehen wir dann auch noch hier am Rhein spazieren und ab Montag wird es endlich wieder still und, naja, abgesehen von den Flugzeugen, okay, meistens still im schönen Westerwald. Mach's gut, ciao!

Literatur:

Löhler, J., Lehmann, M., & Segler, V. (2019). Der Mini-Audio-Test (MAT) – Eine Screeningmethode auf Schwerhörigkeit für Haus- und Fachärzte. Laryngo-Rhino-Otologie, 98(1), 27–34.

Gutschalk, A., Micheyl, C., & Oxenham, A. J. (2008). Neural Correlates of Auditory Perceptual Awareness under Informational Masking. PLoS Biology, 6(6), e138.

Rutherford, B. R., Brewster, K., Golub, J. S., Kim, A. H., & Roose, S. P. (2018). Sensation and psychiatry: linking age-related hearing loss to late-life depression and cognitive decline. American Journal of Psychiatry, 175(3), 215–224.

Mazurek, B., Stöver, T., Haupt, H., Gross, J., & Szczepek, A. (2008). Die Entstehung und Behandlung der Presbyakusis. HNO, 56, 429–435.

Irani, R., Saki, N., & Ayyadi, M. (2022). The Effects of the Early-onset Otitis Media on Cognitive Skills in Children: A Systematic Review. Iranian Rehabilitation Journal, 20(3), 365–374.

Disclaimer:

Dieser Podcast ist ein virtueller Spaziergang und dient ausschließlich der Information und Inspiration. Die Inhalte stellen keine Psychotherapie, kein Coaching und keine professionelle Beratung dar und ersetzen diese auch nicht.

Alle hier formulierten Aussagen sind wissenschaftlich recherchiert. Die entsprechenden Referenzen und Quellen findest du im Anhang der Show Notes zu dieser Folge.

Ich übernehme keine Verantwortung für die Richtigkeit der wissenschaftlichen Aussagen oder deren Anwendung. Die Inhalte dieses Podcasts sind nicht als Anleitung zu verstehen, etwas Bestimmtes zu tun, sondern dienen rein der Inspiration und Anregung zum Nachdenken.

Bei gesundheitlichen oder psychischen Problemen wende dich bitte an entsprechende Fachkräfte oder Beratungsstellen.

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