Macht. Verhindert Philosophie Machtmissbrauch?

Shownotes

Spaziergang 34: Macht. Verhindert Philosophie Machtmissbrauch?

Hallo und herzlich willkommen zu unserem philosophischen Sonntagsspaziergang hier im Westerwald. Schön, dass du wieder dabei bist. Es geht heute nochmal um das Thema Macht und was die Macht mit den Menschen macht. Und nachdem wir uns das ganze Thema am Freitag psychologisch angeschaut haben und gestern eine historische Perspektive hatten, möchte ich heute den philosophischen Blick auf das Thema Macht machen.

Und es gibt, glaube ich, keinen Menschen, der besser über das Thema Macht sprechen kann, als Marcus Aurelius. Marcus Aurelius war nicht nur ein stoischer Philosoph, einer der drei Großen die wir kennen, sondern er war auch römischer Kaiser. Und nicht irgendein Kaiser, sondern ein Kaiser, der 19 Jahre lang, von 161 nach Christus bis 180 nach Christus über ein riesiges römisches Reich geherrscht hat.

Falls du dich an die Folge gestern erinnerst mit Cäsar - er war ein Nachfolger, ein direkter Nachfolger Cäsars. Kam durch Adoption in seine Rolle, war aber schon seit seinen Kindertagen… ach Pauli du spielst hier wieder mit dem Stock, ne? Marcus Aurelius war schon seit seinen Kindertagen auf der einen Seite ein begeisterter Kämpfer, der den Schwertkampf und alles andere gelernt hat, aber auf der anderen Seite ein begeisterter Philosoph, der von seinen Lehrern in verschiedensten Philosophierichtungen, aber insbesondere auch in der Stoik unterrichtet wurde.

Pauli wenn du so weitermachst mit dem Riesenstock. Letztes Mal ging das nicht gut aus. Ich glaube, da habe ich auch gerade Podcast aufgenommen. Na ja, schauen wir mal. Er war, wie gesagt, auf der einen Seite ein Kämpfer der sich im Kampf auskannte. Und auf der anderen Seite ein Philosoph. Eine interessante Kombination. Und dann eben der mächtigste Mann seiner Zeit. Alleinherrscher über das Römische Reich. Er hat Kriege geführt gegen die Parther und gegen die Germanen. Das heißt, er hat viele Jahre im Feldlager verbracht. Und was macht jetzt ein Mensch, ein Philosoph in dieser Situation? Er überlegt sich, was das mit der Macht eigentlich ist.

Und wie er damit umgehen kann. Seine Art damit umzugehen war es übrigens, seine Selbstbetrachtungen zu schreiben, sich auch im Feldlager, auch in den schwierigsten und kritischsten Zeiten, in denen er die meiste Macht hatte, auch darüber über Leben und Tod von Menschen, so gut es eben ging, in Demut zu üben.

Er hat in diesen Selbstbetrachtungen versucht, sich als Mensch zu betrachten und philosophisch über sich und seine Situation und die Welt nachzudenken. Und dieses Buch ist übrigens wirklich sehr, sehr empfehlenswert. Aber wie hat er jetzt darüber gedacht, dieser römische Kaiser da im Feldlager? Auf der einen Seite hat er über die Macht in dem Menschen selber nachgedacht.

Das ist eine ganz klassische stoische Idee, dass du nämlich die Macht, die du hast, immer in dir liegen hast, indem du Macht darüber hast, welche Entscheidungen du triffst. Und du immer verschiedene Möglichkeiten für Entscheidungen hast. Das heißt, die einzige Macht, die du als Mensch hast, liegt eigentlich in dir, in deinen Entscheidungen.

Und das war sehr wichtig für ihn. Denn dort entscheidet man auch, ob man tugendhaft handelt oder ob man das nicht tut. Und es gab verschiedene wichtige Tugenden für ihn. Und das ist unter anderem Gerechtigkeit, aber auch Mäßigung und zusätzlich Tapferkeit und Weisheit. Das heißt, er sagt in seinen Entscheidungen, kann er sich entscheiden, nach diesen Tugenden zu handeln oder eben nicht.

Und er hat in seinem Leben mehr als genug Machtmissbrauch erlebt, sowohl in der Geschichte vor ihm, als auch um ihn herum. Menschen, die Macht missbraucht haben. Und er sagt ganz klar, das kommt durch ihre inneren Entscheidungen. Wenn sie sich nicht für die Tugenden entscheiden, sondern für andere Werte, dann kann es zu Machtmissbrauch kommen.

Denn er geht davon aus, und das ist ein anderer ganz wichtiger Punkt, dass die Macht, die wir haben, erstmal neutral ist. Die Macht selber ist weder gut noch schlecht. Genauso wie sie das über Geld denken. Geld kann positiv oder negativ eingesetzt werden. Erstmal ist es neutral. Und so ist es eben auch mit der Macht.

Das heißt, die Entscheidung, ob ich Macht missbrauche oder ob ich sie sinnvoll einsetze, die fällt in mir, in meinem Innersten, in der Art und Weise wie ich entscheide und wie ich daraufhin handle. Und viel mehr ist es erstmal nicht. Eine ganz, ganz simple Logik. Ich habe in mir die Möglichkeit, mich für bestimmte Werte zu entscheiden. In meinen Entscheidungen, diese Werte zu respektieren und umzusetzen.

Und die erstmal neutrale Macht, die draußen ist, wird dadurch entweder positiv eingesetzt oder sie wird missbraucht. Ob das für uns Menschen immer so einfach ist, ist dann natürlich eine ganz andere Frage. Wenn wir an die Folge vom Freitag zurückdenken und die ganzen psychologischen Experimente und die Hirnscans und alles, was da besprochen wurde, dann konnte man merken, dass Menschen sehr, sehr schnell, eigentlich instant, innerlich darauf reagieren, indem sie ein Stück weit Empathie verlieren, indem sie Regeln plötzlich anders auslegen und so weiter, wenn sie Macht bekommen.

Ihr Verhalten ändert sich. Und gerade deshalb pocht eben Marcus Aurelius auf diese Tugenden. Dass wenn man schon vorher nach diesen Tugenden lebt, man auch im Erhalten, wenn man die Macht erhält, sich weiterhin für diese Tugenden entscheiden kann und dann eben die Macht möglichst nicht missbraucht.

Hat er immer alles richtig gemacht? Mit Sicherheit nicht. Aber er hat als römischer Kaiser sehr viel daran getan, um trotz seiner riesigen Macht und riesigen Machtfülle und seiner unendlichen Möglichkeiten, diese Macht zu missbrauchen, sie möglichst sinnvoll einzusetzen. Und ich glaube, wenn ein Mensch, der mit solcher Machtfülle und solchen Möglichkeiten zur Korruption, die er hat, trotzdem es schafft, ein möglichst von Tugenden, von Weisheit, von Gerechtigkeit, von Tapferkeit, von Mut, aber eben auch von einem Zurücktreten - nicht alles brauchen - geprägtes Leben zu führen.

Wenn er das schafft umzusetzen, dann glaube ich, dass jeder Mensch das kann. Das ist eine Frage der inneren Entscheidung.

Ich habe dich schon gefragt, wann du dich mal entschieden hast, von einer Macht zurückzutreten, wann du - ich habe dich auch schon gefragt, wann du mal in einer Machtsituation warst und versucht hast, die so gut wie möglich auszufüllen und was du da getan hast. Und jetzt ist die Frage des heutigen Tages, wann hast du dich mal bewusst für Macht entschieden und was hat das mit dir getan?

Ich hoffe natürlich etwas Positives, aber weiß man nicht. Schau mal, was dieses bewusste Übernehmen von Macht mit dir getan hat und was du daraus lernen kannst. Ich wünsche dir noch einen wundervollen weiteren Spaziergang, wenn du so wie ich jetzt gerade ganz gemütlich durch den Regen spazierst und einen wunderschönen Sonntag. Vielleicht hörst du auch von der Couch aus zu, hier imaginär auf dem Spaziergang.

Ich laufe gern durch den Regen, insofern wirst du noch die ein oder andere Regenspaziergang mit mir bekommen. Wir sehen uns morgen wieder und morgen habe ich eine kleine Überraschung für dich. Ich bringe dir nämlich etwas mit, was dir helfen könnte, diese Tugenden in dir zu finden. Ich wünsche dir noch alles Gute.

Literatur:

Aurelius, M. (2022). Selbstbetrachtungen (G. Krapinger, Übers.). Reclam. (Originalwerk aus dem 2. Jh. n. Chr.)

Disclaimer:

Dieser Podcast ist ein virtueller Spaziergang und dient ausschließlich der Information und Inspiration. Die Inhalte stellen keine Psychotherapie, kein Coaching und keine professionelle Beratung dar und ersetzen diese auch nicht.

Alle hier formulierten Aussagen sind wissenschaftlich recherchiert. Die entsprechenden Referenzen und Quellen findest du im Anhang der Show Notes zu dieser Folge.

Ich übernehme keine Verantwortung für die Richtigkeit der wissenschaftlichen Aussagen oder deren Anwendung. Die Inhalte dieses Podcasts sind nicht als Anleitung zu verstehen, etwas Bestimmtes zu tun, sondern dienen rein der Inspiration und Anregung zum Nachdenken.

Bei gesundheitlichen oder psychischen Problemen wende dich bitte an entsprechende Fachkräfte oder Beratungsstellen.

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