Stereotypen. Kannst du Stereotypen überwinden?
Shownotes
Spaziergang 39: Stereotypen. Kannst du Stereotypen überwinden?
Hallo und herzlich willkommen! Heute wieder mit Paulo aus dem Westerwald. Du hörst ihn schon. Ich habe mich entschlossen, dass ich heute doch hier aus dem Westerwald oder im Westerwald mit dir spazieren gehe, denn gestern am Rhein war es doch ganz schön laut und das ist schade, denn ich mag dieses Thema, über das wir gerade reden, sehr. Die Frage, wie uns manche Dinge in unserer Umwelt und in unserer Gesellschaft beeinflussen können. Und wie das unser Handeln verändert, wie das nicht nur unser Handeln verändert, sondern auch wie das verändert, wie wir über uns selber nachdenken und dadurch auch langfristig handeln.
Gestern gab es schon mal einen kleinen ersten psychologischen Anschnitt des Themas, damit du ein bisschen reinkommst. Und heute will ich in einem Thema, nämlich was Stereotypen betrifft, noch ein bisschen tiefer reingehen und dir dann vor allem eine ganz, ganz tolle Lebensgeschichte von einer Frau zeigen, die sich eben von diesen Stereotypen überhaupt nichts angezogen hat, sondern die ihr Leben gelebt hat.
Und das ist ein großes Vorbild für mich, wie sie ihr Leben gelebt hat. Und ich hoffe, ich kann dich damit genauso begeistern, dass Priming nicht immer oder die Stereotypen des Primings nicht immer durchschlagen müssen.
Also, wie ist das mit dem Priming und den Stereotypen? Tatsächlich haben Stereotypen auf uns gesellschaftlich einen riesigen Einfluss.
Und ich möchte dir das gerade mal am Einfluss der Idee zeigen, dass Mädchen und Frauen nicht gut sind in Mathe. Ich habe das gestern schon mal ein bisschen angeschnitten, aber ich habe heute noch mal ganz viele Studien darüber gewälzt und mir angeguckt und dir auch in die Shownotes mitgebracht. Das ist wirklich massiv und gravierend, welchen Einfluss die Gesellschaftsidee hat und dass die Mädchen und Frauen das immer wieder hören, dass eben Mädchen mit Mathe doch eh nicht so und ach, brauchst jetzt nicht zu können. Das ist nicht schlimm, du bist ja ein Mädchen, so nach dem Motto. Diese gesellschaftliche Komponente hat einen messbaren, immensen Einfluss auf Mädchen und Frauen, in Bezug auf ihre Leistungen auch tatsächlich - nicht nur auf ihre Wahl, sondern auch auf die Leistung in Bezug auf Naturwissenschaften und insbesondere dann, wenn sie sich eigentlich dafür interessieren.
Und gleichzeitig hat man herausgefunden, dass es wirklich durch die Stereotypen kommt, denn wenn man durch verschiedene Möglichkeiten in Versuchsumgebungen diese Stereotypen-Einflüsse vermindert oder wegnimmt, dann ist das überhaupt keine Frage der Intelligenz oder der Interesse mehr, sondern da schneiden Mädchen mindestens genauso gut ab wie Jungs.
Und deshalb finde ich es so bemerkenswert, dass diese eine Frau - übrigens viele Frauen, aber diese finde ich jetzt ein ganz besonders gutes Beispiel - dass sie sich von nichts hat davon abbringen lassen, ihren Weg zu gehen. Sie hat hart gearbeitet, teilweise verschiedenste Jobs, damit sie ihren Traum - den sie übrigens erst nach ihrer Kindheit bekommen hat. Es ist kein Kindheitstraum, sondern wirklich ein reeller Traum aus ihrer Frühzeit. Sie war noch jung, als sie das erste Flugzeug dann für sich entdeckt hat. Sie hatte früher schon mal ein Flugzeug gesehen, das hat sie gar nicht interessiert, aber irgendwann war sie bei einer Show und da hat sie das gesehen und war so begeistert, dass diese Frau, Amelia Earhart, 1932 die erste Frau war, die mit einem Flugzeug als Pilotin nonstop den Atlantik überquert hat.
Und das ist eine Leistung, die ihr nie mehr jemand nachmachen kann. Oh wow! Ich weiß nicht, was die da hinten machen. Hier scheppert und rattert es ganz heftig. Ich hoffe, das war kein Unfall da hinten, da ist nämlich eine Straße. Aber gut, wir werden es sehen. Das war jetzt schon heftig, das Geräusch.
Gut, wir gehen mal weiter hier im Wald hoch, da wird es, denke ich, hören wir das nicht mehr so. Amelia Earhart war eine ganz fantastische Frau. Und wie gesagt, sie hat sich eben von den Stereotypen ihrer Zeit nicht beeinflussen lassen. Diese klassischen Stereotypen - sie wurde 1897 geboren, in einer Zeit, in der die Frauen zu Hause bleiben sollten, mütterlich sein sollten, versorgend, in denen es verpönt war, dass sie arbeiten.
Ich weiß noch, selbst meine Oma hätte nicht arbeiten dürfen hier in Deutschland, wenn ihr Mann nicht zugestimmt hätte. Krasse Regeln für Frauen damals. Ich meine, Frauenwahlrecht war natürlich auch sehr lang ein Thema, Frauenemanzipation insgesamt. Und Amelia Earhart ist wirklich in einer Zeit reingewachsen, in der es überhaupt nicht typisch war für eine Frau, Pilotin zu werden.
Aber sie hat wirklich unglaublich hart gearbeitet. Sie hat sich das in den Kopf gesetzt. Und sie schreibt auch in einem Brief an ihren späteren Ehemann: "Ich mache das, weil ich das machen will." Gegen jedwede Stereotypen, gegen jedwede Normen ihrer Gesellschaft. Sie ist in Kansas aufgewachsen, hat im mittleren Westen - im Grunde gehört Kansas, soweit ich weiß, noch in den USA - gelebt. Späte viktorianische Zeit. Wir sprechen hier über eine Zeit, in der Frauen wenig Möglichkeiten hatten.
Und trotzdem hat sie, Amelia Earhart, es geschafft, sich durchzusetzen. Sie war übrigens in vielerlei Hinsicht non-konform - egal, ob es um Beziehungen ging, ob es eben um Jobs ging, ob es um die Frage ging, was man anzieht, was Mode ausmacht.
Und sie war jemand, der sehr, sehr stark es geschafft hat, sich gegen die Konformen zu wenden. Sich das getraut hat. Und deshalb begeistert sie mich so. Sie hat einfach das gemacht, was für sie richtig war, hat nach ihren Regeln gelebt, ohne dass sie jetzt jemanden - ist ja nicht so, als ob sie jetzt über die Straße gelaufen wäre und Leute ermordet hätte - nicht in dem Sinne Regeln brechen, sondern Gesellschaftsregeln, die Regeln, die ihr von außen auferlegt wurden. Keine Gesetze in dem Sinne, aber Gesetze der Gesellschaft.
Und ich kann nur nochmal betonen, ich hoffe, dass jeder sich ein kleines Stückchen, ein Scheibchen mindestens von ihr abschneiden kann. Denn etwas zu tun, was man tun will, ist etwas unglaublich Wichtiges. Wirklich zu spüren: Ich will das, das ist mein Weg, das ist meine Berufung und ich strebe dem nach, egal was kommt.
Und sie hatte wirklich schwere Zeiten, sie hat teilweise, wie gesagt, mehrere Jobs gemacht, sie hat wirklich, wirklich viel investieren müssen, sie hat auch finanzielle Sponsoren finden müssen, sie hat irgendwann gegen ihren eigentlichen Willen als Passagierin den Atlantik überquert als erste Frau, die das nonstop tut. Aber da war sie eigentlich gar nicht glücklich mit. Sie hat es trotzdem gemacht, damit sie Erfahrungen sammelt. Und tatsächlich ist das Logbuch, was sie damals geschrieben hat, und sie hat sich eingesetzt, dass sie das tun darf, ein großer Erfolg für sie geworden.
Du siehst, wenn man etwas wirklich will, wenn man weiß, wo man hin will und sich dafür einsetzt und es sich zutraut, auch über Konventionen hinaus zu steigen und sich eben nicht von den Stereotypen abhalten lässt, davon sein Leben zu leben, dann kann man Unglaubliches erreichen. Denn als erste Frau der Welt nonstop über den Atlantik zu fliegen, 1932, war tatsächlich etwas ganz Besonderes.
Und mit dieser Inspiration kommt noch eine kleine Frage. Und die Frage ist: Wann hast du dich mal gegen Konventionen gerichtet und was ist dann passiert?
Ich hoffe jetzt, du überlegst dir etwas, wo das geklappt hat. Natürlich gibt es auch genug Gelegenheiten, wo man sich gegen Konventionen richtet und es nicht klappt. Ich würde dich ermutigen wollen, dir eine Situation in deinem Leben zu finden, wo das ein positives Ergebnis hatte. Denn ich hoffe, dass du diese Ermutigung aus deiner Erinnerung verwendest, um noch viel häufiger deinen Weg zu gehen, egal ob es auch mal gegen die Konvention ist.
Ich wünsche dir einen wunderschönen Abend und ich freue mich auf den Spaziergang mit dir morgen.
Literatur:
Butler, S. (2009). East to the dawn: The life of Amelia Earhart (Illustrierte Ausgabe). Da Capo Press.
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Johns, M., Schmader, T., & Martens, A. (2005). Knowing is half the battle: Teaching stereotype threat as a means of improving women's math performance. Psychological Science, 16(3), 175–179.
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Disclaimer:
Dieser Podcast ist ein virtueller Spaziergang und dient ausschließlich der Information und Inspiration. Die Inhalte stellen keine Psychotherapie, kein Coaching und keine professionelle Beratung dar und ersetzen diese auch nicht.
Alle hier formulierten Aussagen sind wissenschaftlich recherchiert. Die entsprechenden Referenzen und Quellen findest du im Anhang der Show Notes zu dieser Folge.
Ich übernehme keine Verantwortung für die Richtigkeit der wissenschaftlichen Aussagen oder deren Anwendung. Die Inhalte dieses Podcasts sind nicht als Anleitung zu verstehen, etwas Bestimmtes zu tun, sondern dienen rein der Inspiration und Anregung zum Nachdenken.
Bei gesundheitlichen oder psychischen Problemen wende dich bitte an entsprechende Fachkräfte oder Beratungsstellen.
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